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Tipp vom Doc

Zu krank/ gesund genug für den Kindergarten?

Heute geht es um die leider ziemlich komplizierte Frage, wann ein Kind aus gesundheitlichen Gründen nicht in den Kindergarten gehen sollte - und wann es unnötig ist, es zu Hause zu lassen. Es gibt kaum klare Fakten, anhand derer man das bewerten kann, aber doch Anhaltspunkte für Erzieherinnen und Erzieher und Eltern.

Mein Appell ist zuerst einmal, dass es viel seltener Kinderärztinnen und -ärzte braucht, die entscheiden, ob ein Kind in den Kindergarten gehen sollte, weil sie das oft gar nicht am besten entscheiden können bzw. Eltern und Erzieherinnen und Erzieher das wunderbar selbst können.

Das Thema ist deshalb schwierig, weil es wenig eindeutige Fakten oder Symptome gibt, die den Ausschlag geben. Es gibt beispielsweise weiche Symptome wie ein etwas tränendes schmieriges Auge, eine laufende Nase oder ein paar auffällige Hautstellen. Aus meiner Sicht sind das keine Gründe, ein ansonsten gesundes Kind nicht in den Kindergarten zu lassen.

Es gibt aber auch „Hard Facts", dazu gehört Fieber: Liegt die Körpertemperatur über 38,5 Grad, gehört es nicht in den Kindergarten und sollte auch am nächsten Tag zu Hause bleiben. Kinder, die erbrochen haben, sollten dem Kindergarten 48 Stunden fernbleiben. Genauso ist es bei Durchfallbeschwerden, wobei hier zu unterscheiden ist (nicht immer einfach), ob es eine Durchfallerkrankung ist oder einfach weicher Stuhlgang eines Kleinkinds.

An dem Beispiel sieht man schon, dass man sich nicht nur an den „Hard Facts" orientieren kann. Der entscheidende Punkt ist, mit gesundem Menschenverstand auf das Kind zu schauen und sich zu fragen, wie es ihm geht. Einem Kind, das sich nach einer Stunde im Kindergarten hinlegt oder sich auf den Schoß der Erzieher setzt und kuscheln möchte, geht es nicht gut und es sollte nach Hause.

Anders ist es bei einem Kind, das eine Körpertemperatur von 38,2 Grad und eine laufende Nase hat, ansonsten aber völlig fit ist: Es kann im Kindergarten bleiben.

Meine Beobachtung ist, dass Eltern aus sozialem Stress immer häufiger über das Ziel hinausschießen und Kinder in den Kindergarten bringen, die dort nicht hingehören, weil es ihnen nicht gut geht. Aber auch Erzieherinnen und Erzieher handeln häufig nicht sinnvoll und schicken Kinder nach Hause, die eigentlich keine Symptome haben, wegen derer sie den Kindergarten verlassen müssten.

Mein Eindruck ist zusätzlich, dass Kindergärten vor allem seit der Corona-Pandemie dringlichst verhindern wollen, dass es zu Ansteckungen bzw. Infektionsketten kommt. Das ist natürlich sinnvoll und richtig bei gewissen Krankheiten wie Noro-Viren oder Masern. Das Ganze ist aber komplett unrealistisch bei banalen Erkrankungen wie der Hand-Fuß-Mund-Krankheit, die jedes Kindergartenkind früher oder später sicher durchmachen wird.

Aus den genannten Gründen ist mein Fazit, dass ich mir sehr wünschen würde, als Kinderarzt seltener mit dieser Fragestellung konfrontiert zu werden. Meiner Meinung nach ist das möglich, wenn Erzieherinnen und Erzieher und Eltern mehr in Kontakt treten und sich austauschen. Sie können das viel häufiger miteinander ausmachen, sodass schlussendlich die Eltern entscheiden können, ob das Kind fit genug ist oder nicht.

Wichtige Frage zum Abschluss: Wann ist ein zuvor krankes Kind wieder gesund genug? Unsere Empfehlung: Wenn Ihr Kind zu Hause war und am Ende des Tages denken Sie, es wäre doch fit genug gewesen - dann ist der nächste Tag genau der richtige, um wieder in den Kindergarten zu gehen.

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