Kindergartentauglichkeitsbescheinigung – WTF!?
Immer wieder, und leider immer öfter, stehen Familien bei uns in der Praxis, die völlig verzweifelt sind, weil sie niemanden finden, der ihnen ein Formular unterschreibt, das so eine Art „Kindergartentauglichkeitsbescheinigung" ist.
Im Fall, der Anlass für dieses Infoblatt ist, geht es um eine aus Syrien stammende Familie, die für ihre knapp sechsjährige Tochter einen Kindergartenplatz ergattern konnte – was für die soziale Integration des Mädchens zweifellos von erheblichem Vorteil wäre. Sie konnte den Platz jedoch nicht antreten, weil die Familie niemanden finden konnte, der besagte Bescheinigung unterschreibt.
Diese Bescheinigung ist nach §4 Kindergartenbetreuungsgesetz ein Nachweis, dass ein Arzt oder eine Ärztin das Kind untersucht und eine gewisse Kindergartentauglichkeit sowie einen Masernimpfschutz festgestellt hat.
Die Familie wohnt rund 20 Kilometer entfernt von Schorndorf und wir waren die sechste Praxis, in der sie mit ihrem Anliegen aufgeschlagen sind.
Der Doc findet: Da laufen mehrere Dinge gewaltig schief. Das eine ist natürlich, dass es erbärmlich ist, dass die medizinische Versorgung so ist, dass so gut wie keine Praxis sich in der Lage sieht, diese Untersuchung vorzunehmen oder zumindest den Zettel zu unterschreiben. Und das zweite ist die Gesetzeslage. Wir müssen immer wieder hinterfragen, ob bestehende Gesetze noch sinnvoll und zeitgemäß sind. Das scheint hier mehr als fraglich.
Die Erfahrung aus der Praxis ist, dass es sich sehr gut mit Eltern und Einrichtungen klären lässt, wenn ein Kind aufgrund von Entwicklungsauffälligkeiten oder -Krankheiten im Kindergarten nicht zurechtkommt. Und wir sind momentan in einer so angespannten Versorgungssituation, dass es einfach schwer zu leisten ist. Und es ist doch einfach katastrophal, wenn Kinder, gerade von Familien, die wir hier rasch integrieren wollen, nicht in den Kindergarten gehen können – einfach, weil so ein Zettel nicht unterschrieben wird.
Im besagten Fall lief es dann übrigens so: Die Familie stand in der rappelvollen Praxis und wartete. Irgendwann nahm der Doc sich die Zeit, redete kurz mit den Eltern, wechselte zwei Worte mit dem Kind und unterschrieb den Zettel. Das ist so natürlich nicht gedacht. Eigentlich wäre er verpflichtet, das Kind gründlich anzuschauen. Aber ihn treibt das Thema um. Wie kann man hier was ändern und sicherstellen, dass Kinder ihren Kindergartenplatz antreten können, wenn sie einen bekommen? Die Diskussion ist eröffnet.
Weitere interessante Tipps
U3-Vorsorge
Ein Thema für frischgebackene Eltern oder Menschen, bei denen das Elternwerden bald ansteht: die U3-Vorsorge. Das ist in der Regel die erste Vorsorgeuntersuchung, die in der Kinderarztpraxis stattfindet. Die U1 findet eigentlich immer im Kranken- oder Geburtshaus statt, die U2 meistens auch.
"Schreibaby"
Babys, die viel weinen und schreien, gab es schon immer. Früher wurden sie oft als Schreibabys bezeichnet oder man redete auch gerne und schnell von den Dreimonatskoliken, welche die Kinder plagten und schreien ließen. Heute wird zunehmend von Regulationsstörung gesprochen, wenn ein Baby sehr viel weint und schreit. Oft tritt dies vor allem in den Abendstunden auf. Aber es gibt Abhilfe.
Augenscreening
Heute geht es um ein ganz wichtiges Gerät in unserer Praxis: das Augenscreening-Gerät! Dieses setzen wir dazu ein, um bei kleinen Kindern ab zehn bis zwölf Monaten die Augen zu überprüfen. Es ist eine Untersuchung mit Weitsicht - weil man ernsthafte Sehfehler rechtzeitig erkennen und therapieren kann.